Vor einem Jahrzehnt präsentierte Xi Jinping sein "Jahrhundertprojekt": eine Neue Seidenstraße, die an die legendäre antike Handelsroute anknüpft. Es handelt sich um ein globales Infrastrukturprojekt unter chinesischer Führung im aktuellen Jahrtausend. Rund 150 Länder haben sich der "Belt and Road Initiative" (BRI), wie sie in Peking genannt wird, angeschlossen. Die chinesische Regierung investiert insbesondere in Schwellenländern Milliarden von US-Dollar, um dort Infrastrukturprojekte zu finanzieren. China baut weltweit Häfen, Staudämme, Pipelines, Autobahnen und Eisenbahnverbindungen. Obwohl die Liste lang ist, bleiben viele Details im Dunkeln.
Zehn Jahre nach dem Start der "Seidenstraßen"-Initiative durch China ist die Bilanz gemischt. Während das Projekt in China als Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung vieler Länder gelobt wird, gibt es international scharfe Kritik, die besagt, dass ärmere Länder in die Abhängigkeit von China gedrängt werden.
Zu den wichtigsten Projekten im Rahmen der Belt and Road-Initiative gehört beispielsweise eine Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen der chinesischen Stadt Kunming und der laotischen Hauptstadt Vientiane. Laut Peking soll diese Verbindung bereits von 10 Millionen Fahrgästen genutzt worden sein. Zur Finanzierung dieses Projekts hat Laos hohe Kredite bei China aufgenommen. Ähnlich gestaltet es sich beim China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), der Chine über Pakistan Zugang zum indischen Ozean verschafft. Der Korridor führt führt über mehr als 2.000 Kilometer von Chinas westlichster Region Xinjiang nach Belutschistan, hier entsteht ein riesiges Netz aus Straßen und Schienen. Auch in Dschibuti hat Peking investiert, unter anderem in eine strategisch günstige Militärbasis, die Marineschiffe versorgen und im Kampf gegen Piraten unterstützen soll.
Auch in Europa haben sich Staaten an der Neuen Seidenstraße beteiligt. So übernahm 2016 ein chinesisches Staatsunternehmen die Kontrolle über den Hafen von Piräus. Zwei Jahre darauf trat Griechenland offiziell der "Neuen Seidenstraße" bei und der Hafen von Piräus wurde zu einem bedeutsamen Drehkreuz, das Asien und Europa verbinden soll, wie von beiden Ländern verkündet wurde. Im August diesen Jahres verkündete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, dass chinesische Investitionen dazu beigetragen haben, den einst maroden Hafen zu revitalisieren. Gegner des Vorhabens befürchten einen zu starken Einfluss auf das wirtschaftlich angeschlagene Griechenland, welches ein Mitglied der EU und der Eurozone ist. China bestreitet diese Bedenken.
Italien erwägt Rückzug
Im Jahr 2019 schockierte Italien seine westlichen Verbündeten, als es während eines Staatsbesuchs des chinesischen Partei- und Staatschefs Xi Jinping ankündigte, der "Neuen Seidenstraße" beizutreten, was der erste Beitritt eines G7-Staates zu diesem Infrastrukturprojekt war. Obwohl unterzeichnete Verträge bislang kaum dazu beigetragen haben, das Handelsdefizit Italiens zu verringern, wächst im Land die Besorgnis über einen potenziell übermäßigen chinesischen Einfluss. Infolgedessen scheint Italien in Erwägung zu ziehen, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, da die ursprüngliche Absichtserklärung im kommenden März ausläuft. Während Premierministerin Giorgia Meloni erklärte, dass noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde, äußerte Außenminister Antonio Tajani deutlich, dass die Seidenstraßeninitiative "nicht die erhofften Ergebnisse" erzielt hat.