
Wenn sich die Hafenkräne am Hamburger Horizont im Wind wiegen, ahnt man nicht, welche politischen und wirtschaftlichen Seilzüge im Hintergrund ablaufen. Die Logistik, jener stille Gigant im Maschinenraum der Wirtschaft, hat nun eine ihrer profiliertesten Stimmen verloren: Angela Titzrath verlässt die HHLA – und mit ihr endet eine Ära strategischer Neuausrichtung, aber auch zunehmender Spannungen in Deutschlands wichtigstem Seehafenbetrieb.
Seit 2017 stand Titzrath an der Spitze der Hamburger Hafen und Logistik AG. Ihre Handschrift war unverkennbar: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Expansion nach Osteuropa – sie verstand Logistik als mehr als den Transport von Containern. Für sie war sie Infrastruktur, geopolitisches Werkzeug und Standortpolitik zugleich. Mit Weitblick und eiserner Konsequenz formte sie die HHLA zur Schlüsselakteurin in einem zunehmend volatilen Umfeld.
Doch inmitten dieser Transformation kamen die Machtspiele. Der Einstieg der weltgrößten Reederei MSC, die sich gemeinsam mit der Stadt Hamburg in der Port of Hamburg Beteiligungsgesellschaft zusammenschloss, bedeutete eine tektonische Verschiebung. Titzrath, nie als Fan dieser Entwicklung bekannt, sah sich zunehmend ausmanövriert – etwa bei der Dividendenkürzung, die ihre Position öffentlich schwächte. Dass sie schließlich auch eine Einladung zu einer MSC-Feier absagte, war mehr als ein symbolischer Akt: Es war ein stummer Protest.
Weggabelung für die Logistik
Der jetzt verkündete Abgang „im besten gegenseitigen Einvernehmen“ spricht Bände – besonders, weil ihr Vertrag erst 2024 verlängert wurde. Die Logistikbranche steht damit vor einer entscheidenden Weggabelung. Wer auch immer ihr nachfolgt, wird nicht nur in große Fußstapfen treten, sondern auch einen tief gespaltenen Kurs neu justieren müssen – zwischen privatwirtschaftlicher Effizienz, kommunaler Verantwortung und globaler Vernetzung.
Der Hamburger Hafen, als Tor zur Welt gerühmt, verliert eine Frau, die ihn neu gedacht hat. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Logistik ist nie nur Bewegung von Gütern – sie ist auch ein Spiel der Kräfte. Und manchmal endet dieses Spiel nicht auf dem Containerterminal, sondern im Aufsichtsrat.
Quellen: welt.de, handelsblatt.de