Wenn Produktions- und Distributionszentren altern, steht jedes Unternehmen irgendwann vor derselben Frage: Neubau oder Modernisierung im Bestand? Die Workwear-Marke Strauss hat diese Herausforderung am Stammsitz in Biebergemünd auf bemerkenswerte Weise gemeistert – und wurde dafür mit dem Deutschen Logistik-Preis 2025 ausgezeichnet. Das Projekt „Logistics Next Level“ zeigt, wie Innovation, Nachhaltigkeit und Menschlichkeit in der Logistik klug zusammenspielen können.
Das bisherige Logistikzentrum aus den 1990er Jahren war technisch überholt, energieintensiv und nur begrenzt automatisiert. Nach intensiver Analyse entschied sich Strauss bewusst gegen einen Neubau – und für eine umfassende Revitalisierung im laufenden Betrieb. Eine mutige Entscheidung, die sich bezahlt machte: Statt hohe CO₂-Emissionen und lange Bauzeiten in Kauf zu nehmen, setzte das Unternehmen auf eine „Brownfield“-Strategie, die den Standort nicht nur modernisierte, sondern auch 26.000 Tonnen CO₂ gegenüber einem Neubau einspart. Photovoltaik und Geothermie sorgen heute für einen großen Teil der Energieversorgung, die Investition von 55 Millionen Euro stammt vollständig aus Eigenmitteln.
Die technischen Ergebnisse sprechen für sich: Ein neuer Leitstand steuert rund 45.000 Sendungen täglich, die Durchlaufzeit sank von vier Stunden auf 40 Minuten, die Fehlerrate um 80 Prozent. Gleichzeitig konnte die Versandleistung verdoppelt und die Stückgutkosten gesenkt werden – bei einem Return on Investment von weniger als fünf Jahren.
Digitalisierung trifft Teamgeist
Der Erfolg von „Logistics Next Level“ beruht nicht nur auf modernster Automatisierung und datengetriebener Steuerung. Ebenso entscheidend war die enge Einbindung der Mitarbeitenden. Bereits in der Planungsphase beteiligte Strauss die Belegschaft an Themen wie Schichtgestaltung, Pausenzeiten und Arbeitsplatzplanung. Während der Umbauphasen erhielten Teams Schulungen am modernen Schwesterstandort Schlüchtern – mit dem erfreulichen Ergebnis, dass die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich von 40 auf 37,5 Stunden reduziert werden konnte.
Diese Verknüpfung von Technologie, Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung überzeugte auch die Jury des Deutschen Logistik-Preises. Sie würdigte das Projekt als integriertes Modell für zukunftsfähige Logistik, das zeigt, wie Bestandsimmobilien mit Weitblick transformiert werden können.
Denn gerade in Zeiten knapper Flächen, steigender Energiekosten und zunehmender Komplexität wird deutlich: Die Logistik von morgen muss mehr können als nur bewegen. Sie muss vernetzen, erhalten und neu denken – so wie Strauss es mit „Logistics Next Level“ vorgemacht hat.
Quelle: BVL